Es brummt. Das Brummen wird lauter. Irgendetwas bewegt sich auf mich zu. Ach ja es ist Frühling und das Gras wächst. Das ist für die Freunde des gepflegten englischen Rasens natürlich ein Albtraum. Also raus mit den Rasenmähern und los geht es.
Reihum und brav nach einander wird der Rasen wieder zurechtgestutzt. Dabei ist ganz wichtig, dass ein Garten nach dem anderen gemäht wird. Auf gar keinen Fall gleichzeitig. In einem Garten nach dem anderen gehen die Maschinen an.
Disclaimer: Juhuuu, endlich Maschinen. Endlich ein Thema zu dem ich mal was in die Richtung gelernt habe.
Das heißt natürlich nicht, dass es heute deswegen richtiger wird.
Während ich dem Gassi gehen für Rasenmäher so zusehe, frage ich mich, warum die Dinger überhaupt schneiden.
Gefährliches draußen
Neugierig geworden, gehe ich auf eine schwierige und gefährliche Quest. Ich öffne die Türe, gehe ins Freie (gruselig), bewege meine Hand Richtung Boden, rupfe einen Grashalm heraus und gehe schnellst möglich die zwei Meter zurück in meine Wohnung. Was für ein Abenteuer.
Also, was haben wir? Einen Grashalm, normales Gartengras, das nicht besonders stabil ist. Kein starrer Halm wie das bei Wildgräsern mit langen Halmen der Fall ist. Bereits ein leichtes Anstupsen oder Pusten reicht, dass der Halm sich biegt.
Trotzdem versuche ich mit einem normalen Brotmesser den Halm zu trennen. Klappt natürlich nicht.
Ich baue mir eine Halterung. Der Grashalm ist sicher eingespannt und meine Finger sind weit genug entfernt. Noch einmal überprüfen, die Finger sind in Sicherheit. Check.
Ich nehme ein scharfes Messer. Langsam dagegen drücken funktioniert nicht. War auch zu erwarten.
Ok, dann mal schneller. Zack, nichts.
Noch schneller. Zack, oh, ich habe ein bisschen Material abgeschabt. Allerdings konnte ich nicht rechtzeitig bremsen und habe mit meiner „Messerhand“ gegen einen vorsorglich aufgestellten Prallschutz geschlagen. Aua.
Ok, die Geschwindigkeit spielt also eine entscheidende Rolle. Wie schnell war ich jetzt mit dem Messer in der Hand?
Um das herauszufinden musste ich einen extra komplexen und extrem präzisen Versuchsaufbau herstellen.
Zum einen brauche ich einen Hintergrund mit gleichmäßigen Rasterpunkten und zum anderen eine präzise ausgerichtete Hochgeschwindigkeitskamera.
Mit anderen Worten: Ich habe mein Smartphone im Zeitlupen-Modus (480 Bilder pro Sekunde) an ein Buch gelehnt und vor einer gefliesten Wand herumgefuchtelt.
Das Messer habe ich gegen ein grob gleich schweres Lineal getauscht.
Das Ergebnis: ≈3,1m/s als Maximum.
Selbermachen
Wenn ihr das selber mal ausprobieren wollt, sucht euch eine geflieste Wand. Bei dieser messt ihr die Kachelhöhe. Dann braucht ihr ein Smartphone, dass eine Zeitlupen-Funktion in der Kamera-App anbietet. Das sollte bei halbwegs neuen Geräten der Fall sein. Auf eurem PC schaut ihr euch dann das Video in einem Abspielprogramm an, dass einzelne Frames (Bilder) vor- und zurückspulen kann.
Dann zählt ihr einfach die Frames, die ihr braucht um euren Arm z.B. zwei Kachelhöhen zu bewegen.
Hier die Formel:
Eine weitere Erkenntnis, die ich dabei gewonnen habe ist: Ich mache in der Zeitlupe ein extra blödes Gesicht, wenn ich mir beim herumfuchteln den Arm verrenke. Das Video habe ich gleich wieder gelöscht. Nachdem ein Datenpunkt noch keine Statistik macht, solltet ihr das ein paar mal wiederholen und daraus den Mittelwert bilden.
Wie schnell wart ihr?
Bei ca. 3,1m/s kann das Gras also noch ausweichen. Wenn ich den Halm weiter weg von der Halterung treffe bleibt nichts mehr am Messer hängen. Das war vorhin wohl Zufall. Darum immer mehrere Wiederholungen machen. Aber es scheint die richtige Spur zu sein.
Grasgemetzel
Wie schaut das jetzt bei einem Rasenmäher aus?
Die Klingen sind bei meinem Gerät nur in den äußeren paar Zentimetern für das Schneiden ausgelegt. Also schaue ich mir nur mal die Geschwindigkeit des äußersten Punktes an der Schneide an. Nachdem mir das Typenschild die Drehzahl nicht verrät, muss wieder dieses ominöse Internet aushelfen.
Die magische Paarung aus der Modellnummer und „Datenblatt“ verschaffen mir die gewünschte Erkenntnis.
Eine Schneidenlänge von 32cm und eine Drehzahl von 3200 Umdrehungen pro Minute werden dort angegeben.
Hier die passende Formel zum berechnen der Geschwindigkeit:
Als Ergebnis bekomme ich nach dieser Rechnung stolze 53,6 m/s
Das bedeutet: Hohe Geschwindigkeit der Schneide + (Trägheit + Steifigkeit vom Grashalm) = Gemähter Rasen.
Fall abgeschlossen.
Für diesen Blogbeitrag wurden keine Kleeblätter verletzt.